"Wir Kinder mussten bei der täglichen Arbeit am Bauernhof fleißig mithelfen. Die "Dirndlarbeit" mussten meine Schwester und ich machen. Dazu gehörte Abwaschen,
die Stube auskehren, den Tisch auf- und abdecken, Forellen schruppen und
ausweiden, das Stroh in den Betten auflockern, das Holz zum Feuer anmachen richten,
Holz aus der Holzhütte holen und vieles mehr. Vor der Haustür war ein Bassin im
Boden eingelassen in dem das Regenwasser gesammelt wurde, denn eine Wasserleitung
hatten wir damals noch nicht. Zum Kochen mussten wir das Wasser aus dem Bach
holen. Im Winter war der Bach zugefroren und man musste erst ein Loch in das Eis
mit einem Pickel hacken. Das Vieh wurde mit dem gesammelten Regenwasser, aus
einem großen Bottich, getränkt. Wenn diese großen Bottiche nicht mehr wasserdicht
waren wurden sie auch zur Aufbewahrung von kleinen Kindern verwendet. Die waren
darinnen eingesperrt, konnten nicht herausklettern und auch nichts anstellen.
Dadurch konnten die Eltern in Ruhe arbeiten.
Im Frühling mussten wir außerdem Kartoffel entkeimen (die
Triebe abreissen) und Holz aufschlichten. Für die Hasen suchten wir
Bärentatzen, Sauröhrl und Löwenzahn. Im Garten mussten wir vom Kraut die Raupen
abklauben und natürlich mussten wir auch Kühe hüten. Im Frühling mussten wir alle
Wiesen mit dem Rechen säubern und abrechen damit keine Steine und Maulwurfhaufen beim Mähen störten.
Eine Arbeit, die wir nicht gerne machten, war Holunderbeeren
abriffeln. Davon bekam man ganz blaue Finger.
Im Winter mussten wir Federn schleißen. Dabei musste man sehr
ernst bleiben und durfte keinesfalls lachen. Denn wenn jemand lachte und pustete
dann flogen die Federn in die Luft und verteilten sich im ganzen Zimmer.
Wenn wir die Arbeit nicht ordentlich machten bestrafte uns
die Großmutter mit "Scheitel knieen". Ein Buchenscheit mit 3 Kanten
lag mit 2 Kanten am Boden, auf der 3. Kante musste man knieen. Wenn gerade
niemand zuschaute konnte man sich mit dem Hinterteil auf die Fersen setzen und
den Schmerz, den die scharfe Kante verursachte etwas mildern. Wenn jemand in
die Nähe kam musste man sich schnell wieder auf die Kante knieen, sonst wäre die
Strafzeit verlängert worden. Das Scheit auf dem man knieen musste nannte man
"Sündenbock".
Am Sonntag gingen wir Kinder selbst Geld verdienen.
Wir pflückten z.B. Narzissen und verkauften sie am Straßenrand. Autos sahen wir
nur selten. Damals kamen noch nicht so viele Menschen in das Stodertal wie heute.
Von den Pferdewägen, die öfters auf der Straße zu sehen waren, lagen verlorene Hufnägel
am Weg, die die Reifen der Autos zerstachen. Kaputte Autoreifen gab es damals
viel öfter als heute.
Ganz selten flog ein Flugzeug über uns. Das Geräusch lockte
alle Leute aus dem Haus und sie suchten die Maschine in der Luft.
Habichte und Bussarde sah man viel öfter. Sie schwebten mit
ruhig ausgebreiteten Flügeln am
Himmel und zogen weite Kreise bis sie plötzlich auf die Erde zuschossen. Meist
musste dann eine Henne, eine Maus oder ein anderes Tier ihr Leben lassen. Wenn
jedoch eine Henne Kücken zu verteidigen hatte, schrie sie so laut, spreizte und
schwang die Flügel, dass sich selbst ein Habicht oder Bussard kaum näher zu kommen getraute und lieber wieder abzog.
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