Freitag, 20. Oktober 2017

Fleißige Kinder am Bauernhof, Erinnerungen an die 1930er Jahre

"Wir Kinder mussten bei der täglichen  Arbeit am Bauernhof fleißig mithelfen. Die "Dirndlarbeit" mussten meine Schwester und ich machen. Dazu gehörte Abwaschen, die Stube auskehren, den Tisch auf- und abdecken, Forellen schruppen und ausweiden, das Stroh in den Betten auflockern, das Holz zum Feuer anmachen richten, Holz aus der Holzhütte holen und vieles mehr. Vor der Haustür war ein Bassin im Boden eingelassen in dem das Regenwasser gesammelt wurde, denn eine Wasserleitung hatten wir damals noch nicht. Zum Kochen mussten wir das Wasser aus dem Bach holen. Im Winter war der Bach zugefroren und man musste erst ein Loch in das Eis mit einem Pickel hacken. Das Vieh wurde mit dem gesammelten Regenwasser, aus einem großen Bottich, getränkt. Wenn diese großen Bottiche nicht mehr wasserdicht waren wurden sie auch zur Aufbewahrung von kleinen Kindern verwendet. Die waren darinnen eingesperrt, konnten nicht herausklettern und auch nichts anstellen. Dadurch konnten die Eltern in Ruhe arbeiten.
Im Frühling mussten wir außerdem Kartoffel entkeimen (die Triebe abreissen) und Holz aufschlichten. Für die Hasen suchten wir Bärentatzen, Sauröhrl und Löwenzahn. Im Garten mussten wir vom Kraut die Raupen abklauben und natürlich mussten wir auch Kühe hüten. Im Frühling mussten wir alle Wiesen mit dem Rechen säubern und abrechen damit keine Steine und Maulwurfhaufen beim Mähen störten.
Eine Arbeit, die wir nicht gerne machten, war Holunderbeeren abriffeln. Davon bekam man ganz blaue Finger.
Im Winter mussten wir Federn schleißen. Dabei musste man sehr ernst bleiben und durfte keinesfalls lachen. Denn wenn jemand lachte und pustete dann flogen die Federn in die Luft und verteilten sich im ganzen Zimmer.
Wenn wir die Arbeit nicht ordentlich machten bestrafte uns die Großmutter mit "Scheitel knieen". Ein Buchenscheit mit 3 Kanten lag mit 2 Kanten am Boden, auf der 3. Kante musste man knieen. Wenn gerade niemand zuschaute konnte man sich mit dem Hinterteil auf die Fersen setzen und den Schmerz, den die scharfe Kante verursachte etwas mildern. Wenn jemand in die Nähe kam musste man sich schnell wieder auf die Kante knieen, sonst wäre die Strafzeit verlängert worden. Das Scheit auf dem man knieen musste nannte man "Sündenbock".
Am Sonntag gingen wir Kinder selbst Geld verdienen. Wir pflückten z.B. Narzissen und verkauften sie am Straßenrand. Autos sahen wir nur selten. Damals kamen noch nicht so viele Menschen in das Stodertal wie heute. Von den Pferdewägen, die öfters auf der Straße zu sehen waren, lagen verlorene Hufnägel am Weg, die die Reifen der Autos zerstachen. Kaputte Autoreifen gab es damals viel öfter als heute.
Ganz selten flog ein Flugzeug über uns. Das Geräusch lockte alle Leute aus dem Haus und sie suchten die Maschine in der Luft.
Habichte und Bussarde sah man viel öfter. Sie schwebten mit ruhig ausgebreiteten Flügeln  am Himmel und zogen weite Kreise bis sie plötzlich auf die Erde zuschossen. Meist musste dann eine Henne, eine Maus oder ein anderes Tier ihr Leben lassen. Wenn jedoch eine Henne Kücken zu verteidigen hatte, schrie sie so laut, spreizte und schwang die Flügel, dass sich selbst ein Habicht oder Bussard kaum näher zu kommen getraute und lieber wieder abzog.

Unsere Hühner waren so zahm, daß sie bis in die Küche kamen. Wenn Mutter zum Dorfkaufmann einkaufen ging, dann begleitete sie unser Schwein, unser Hund und unsere schwarze Katze. Vor dem Geschäft warteten sie bis Mutter wieder herauskam. Anschließend gingen alle wieder gemeinsam heim".




    

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