Am Sonntag ging Vater, den wir "Taten" nannte, oft
mit meinen zwei Brüdern, meiner Schwester und mir spazieren. So ein Spaziergang
dauerte meistens mehrere Stunden.
Wenn wir auf dem Weg zu dem Bankerl unter einer riesigen
Fichte mit starken Wurzeln kamen setzten wir uns nieder und "Taten"
rauchte seine Pfeife. Die Pfeife war aus Porzellan und darauf war ein Gamsbock
abgebildet. Vater hatte immer seine Hirschlederhose an und auf seinen
Hosenträgern waren Edelweiß, Almrausch und Enzian gestickt. Selbst auf seinem
Hosentürl waren kunstvolle Ornamente. Im Winter trug er unter der Lederhose
eine weiße "Gattihose" (lange Unterhose), die dann bei den Knien zu sehen war.
Sein größter Stolz war sein Gamsbart auf seinem Hut, mit schönem Reif (weiße Spitzen).
Er hatte immer wieder neue Einfälle und war mit seinen
Zauberkunststücken unschlagbar.
Nichts war ihm zuviel und er machte jeden Spaß mit uns mit.
"Taten" kannte sich in der Natur aus. Er wusste die Namen von Blumen,
Gräsern und Tieren.
Auf seinem Schoss sitzend überkam mich eine Ruhe von unaussprechlichem Frieden und
Geborgenheit. Auch wenn er nur dasaß, nichts sagte und seine
"Vetschina" (Virginia Zigarre) rauchte.
Unterwegs hat er uns mit viel Liebe und Geduld die Namen
unserer Berge genannt. Er wusste über Pflanzen, Bäume und Tiere Bescheid. Er erzählte uns von Gefahren und
Unglücken, Geschichten von guten und bösen Menschen. Er wusste viele Geschichten von
armen Seelen, die in ihren Gräbern keine Ruhe finden und von guten Feen, die
hoch oben in den Gipfeln der hohen Berge wohnen.
Wenn wir müde waren, setzten wir uns zur Jause nieder. Vater
hat dann in seine Tasche gegriffen und ein Stück Brot herausgeholt. Dazu ein Stück
Geselchtes, eingewickelt in Schmalzpapier, das er mit seinem Taschenmesser für
uns teilte.
Wohltuend für uns war natürlich auch Vaters Liebe zur Musik.
Er konnte Maultrommel und Fotzhobel (Mundharmonika) spielen. Wenn er beides nicht
mit hatte, nahm er seinen Kamm, legte Zigarettenpapier darauf und fing darauf
an, die schönsten Lieder zu spielen.
Auf den Lärchenwiesen standen die Haflingerpferde und
vom Tal herauf klang das sonntägliche Läuten der KirchenglockenUnter der kurzen Lederhose eine weiße Unterhose |
Friedlbauer mit Zuschauer beim Vogerl schnitzen |
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