Dieser Text aus "Literatur und Musik" wurde etwas gekürzt und der heutigen Schreibweise angepasst.
Für Hans August Freiherr von Hammerstein-Equord war trotz Paragraphen und Akten die Welt ein holdes Wunder geblieben. Er sah die blaue Blume blühen und hat darüber ein Märchen geschrieben. Ein dichtender österreichischer Beamter — seit Grillparzer war das nichts Außergewöhnliches mehr, ja es schien fast, als vermöchte die Luft österreichischer Ämter und Kanzleien in besonders nachhaltiger Weise zum kreativen Schaffen anzuregen.Er ist nicht dämonisch, wild und revolutionär wie der Grafiker und Schriftsteller Alfred Kubin, aber er ist derselbe Romantiker von Geblüt. Man könnte vielleicht weiter gehen und ihn den letzten Romantiker nennen. Und er selbst fühlt sich wohl als solcher, und ist sich dessen zweifellos bewußt. Er schreibt Romane wie „Roland und Rotraut“, „Ritter,Tod und Teufel", „Februar", "Mangold von Eberstein", und alle, mögen sie im modernen Lebensumkreis spielen oder in verschollener Zeit, sind auf eine höhere Ebene der Betrachtung erhoben. Sie sehen die Welt aus der Entfernung und durch Schleier. Sie weichen der allzu krassen Wirklichkeit aus. Dabei aber sind sie von einer nicht gewöhnlichen Kraft der Darstellung, und sie beweisen vor allem, dass sich Hammerstein von einer Untugend der Romantik freizuhalten gewusst hat. Er ist nie zerfahren, nie unklar, nie verschwommen, nie zuchtlos, er ist ein Stilkünstler von strengster Disziplin, der sein Handwerkszeug immer sicher meistert. So gelingt ihm ein ausgezeichneter Roman, wie es „Ritter, Tod und Teufel“ ist, es gelingt ihm ein tiefbesinnliches Märchen "Der Glassturz". Als romantischer Psychologe weiß er Verborgenes aus den Menschen herauszulesen, als romantischer Wanderer weiß er der Landschaft Geheimnisse zu entreißen. Er ist, als Erzähler, auf der Höhe, die ihm erreichbar ist. Neben diesem epischen Werk schafft er reiche lyrische Werke wie sein erstes Gedichtbuch „Zwischen Traum und Tagen“. Die Formkunst Hammersteins läutert sich hier zu ihrem reinsten Glanz, seine visionäre Wucht ist oftmals bezwingend und packend. Es gelingen ihm schöne Gedichte, die es wohl verdienen würden, dass sie von vielen gelesen und geschätzt würden, Gedichte, die den ganzen Reichtum dieses Mannes zeigen. Eines Mannes, der von seinen Fahrten ins Land der Romantik soviel Schönes mitbrachte und dem es widerfuhr, dass er zwischen Traum und Tag die blaue Blume der Romantik fand. Hans von Hammerstein-Equord (geb. 1891, gest. 1947) war lange Jahre Leiter der Bezirkshauptmannschaft
Braunau, wurde 1933 Sicherheitsdirektor von Oberösterreich, 1934 Staatssekretär für Sicherheitswesen, war dann als Sektionschef im Bundeskanzleramt tätig und gehörte 1936 dem Kabinett Schuschnigg als Justizminister an. 1938 wurde er außer Dienst gestellt und nach dem 20. Juli 1944 (Hitler-Attentat) verhaftet. Bis zur Befreiung durch die Alliierten war er in verschiedenen Konzentrationslagern gefangen und entging nur wegen des Kriegsendes der vorgesehenen Ermordung.
Hans von Hammerstein-Equord starb 1947 mit 66 Jahren in Pernlehen bei Micheldorf und ist in Kirchdorf begraben.
Diese Verse nach der Weise der gaja szienza mittelalterlicher Vaganten (umherziehende Sänger) schrieb ich im Oktober 1913 in eines der ersten Exemplare des damals eben erschienenen Märchenromans „Roland und Rotraut", des zweiten Buches, mit dem ich vor die Öffentlichkeit trat, und widmete es damit dem Pfarrer Konrad, mit dem mich sozusagen auf die erste Begegnung hin eine tiefe und feste Freundschaft verbunden hatte.
Pfarrherr zu Kirchdorf, Vogel, der Haide,
Hans Hammerstein-Equord, war ein Urenkel des Dichters Friedrich von Stolberg
und von 1935 bis 1938 Präsident des Österreichischen Pen-Clubs.
Über die Widmung von Hans August Freiherr von Hammerstein-Equord in seinem Buch "Roland und Rotraut" für Pfarrer Konrad von Kirchdorf:
Pfarrherr zu Kirchdorf, Vogel, der Haide,
schweifender Conrad im schwarzweißen Kleide,
säumigster aller Aktenerlediger,
Taktstockschwinger und Goetheprediger!
Nicht schürst Du Sündern den höllischen Ofen,
bekehrst sie mit Mozart und Beethoven.
Himmlisch sind Deine klingenden Künste,
irdisch sind meine Musengespinste.
Oft, wenn ich Dir lausche im Chorgestühle,
wallen sie auf mir wie Nebelgewühle,
das Frühwind aufstört aus Alpentiefen,
fangen Gebilde, die lang in mir schliefen,
beim Orgelbrausen an sich zu regen
und brauen düster dem Himmel entgegen.
Von Klängen gehoben sie wogen und wallen,
bis sie gestaltet im Lichte sich ballen.
Nicht schürst Du Sündern den höllischen Ofen,
bekehrst sie mit Mozart und Beethoven.
Himmlisch sind Deine klingenden Künste,
irdisch sind meine Musengespinste.
Oft, wenn ich Dir lausche im Chorgestühle,
wallen sie auf mir wie Nebelgewühle,
das Frühwind aufstört aus Alpentiefen,
fangen Gebilde, die lang in mir schliefen,
beim Orgelbrausen an sich zu regen
und brauen düster dem Himmel entgegen.
Von Klängen gehoben sie wogen und wallen,
bis sie gestaltet im Lichte sich ballen.
Hans Freiherr von Hammerstein-Equord |
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