Freitag, 3. Mai 2024

Alte Zeitungsberichte aus dem Stodertal

In der "Kleinen Volks-Zeitung", in der "Salzburger Wacht", im "Kleinen Volksblatt", im "Linzer Volksblatt" und im "Elisabeth Blatt" konnte man folgende Artikel lesen. Sie wurden etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.


Das Stodertal

Links die Spitzmauer

Kleine Volks-Zeitung 2. Juni 1932
Der 25jährige Hilfsarbeiter Josef Günther hat am 29. Mai 1932, wie aus Linz telegraphiert wird, mit zwei Freunden eine Klettertour auf die Nordwand der Spitzmauer in Hinterstoder unternommen.
Er trennte sich von seinen Gefährten und verstieg sich an einer schwer zugänglichen Stelle. Inzwischen hatte ein furchtbarer Schneesturm eingesetzt und die Zugänge zur Nordwand der Spitzmauer waren so stark vereist, dass jeder Rettungsversuch unmöglich war und die aus Hinterstoder herbeigeeilten Rettungsmannschaften ihre Arbeiten einstellen mussten. Günther war bis am 30. Mai nachmittags noch bei Besinnung und seine Rufe waren bis dahin noch vernehmlich. Seit dieser Zeit hat er kein Lebenszeichen mehr gegeben und man vermutet, dass er durch Steinschlag ums Leben gekommen ist. Mit der Bergung ist erst nach dem Eintritt günstiger Witterung zu rechnen.

Auf eigenen Wunsch zurückgelassen.
Mit einigen Abweichungen von dieser Nachricht ist die Schilderung versehen, die in einem andern uns aus Linz zugekommenen Telegramm enthalten ist. Es heißt da: Sonntag Vormittag stiegen drei oberösterreichische Kletterer, Eitzenberger aus Steyr, Ferdinand Kaschka aus Linz und Sepp Günther ans Steyr, zu einer Begehung der Spitzmauernordwand ein. Die von ihnen gewählte Route war erst einmal, im Jahre 1930, begangen worden und stellt eine außerordentlich schwierige Tour dar. Nach etwa zweistündiger Kletterarbeit, bei der Eitzenberger führte, weigerte sich Günther, angesichts der Schwierigkeiten weiterzugehen. Die Bemühungen seines Vordermannes Kaschka, ihn von seinem Entschluss abzubringen, waren erfolglos. Kaschka blieb nichts andres übrig, als ihn mit doppelter Seilschlinge zu sichern, nachdem Günther erklärt hatte, er werde warten, bis die beiden Gefährten herausgestiegen seien und ihn von unten holen würden. Die beiden kletterten bei der Aussichtslosigkeit eines Rückweges weiter. Ihr Weiterkommen scheiterte dann an dem plötzlichen Schlechtwettereinbruch, der einen orkanartigen Schneesturm brachte. Unter Einsatz ihrer letzten Kräfte stiegen sie zu Tal. Sie ermunterten den zurückgebliebenen Kameraden durch Zurufe und versprachen, ihn am frühen Morgen aus der Wand zu holen. Am nächsten Morgen stiegen zwei Rettungsexpeditionen, eine aus Hinterstoder und eine aus Linz zur Nordwand auf, konnten aber infolge des anhaltenden Schneesturms nur bis zur Rinne Vordringen. Günther blieb also viele Stunden am Seil hängen und brach dann völlig erschöpft zusammen. Als sich die Wolken lichteten sah man,dass Günther ohne Stand am Seil pendelte, bis zur Brust mit Schnee angeweht. Es war mit Sicherheit anzunehmen, dass er bereits tot sei.


Salzburger Wacht 9. Juni 1932
Ein Gerichtsverfahren gegen Touristen, die ihren Gefährten nicht retteten. Aus
Linz wird berichtet: Der 26jährige Hilfsarbeiter Josef Günter unternahm mit 
Josef Eitzenberger aus Steyr und Ferdinand Kaschka aus Linz am 29, Mai eine
Klettertour auf die Nordwand der Spitzmauer. Dort trennte er sich von seinen Gefährten und blieb auf einer schwer zugänglichen Stelle zurück, von wo er trotz den größten Bemühungen der Rettungsmannschaften von Hinterstoder und Linz nicht mehr gerettet werden konnte. Er ist nunmehr tot geborgen worden. Als Todesursache wurde Erfrieren infolge Erschöpfung festgestellt. Gegen die beiden Gefährten wurde von der Staatsanwaltschaft Steyr Anklage erhoben, zumal sie Mitglieder des Alpenvereines sind und mit Mauerhaken und dem 30 Meter langen Seil Günter noch zeitgerecht hätten bis zu einer Stelle abseilen können, von wo er selbst hätte weiterkommen können.

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Linzer Volksblatt 9. Juni 1931
Ein Opferstockmarder. Unser Mesner ertappte am Sonntag, 31. Mai, ein gar unscheinbares Männlein aus dem nahen Vorderstoder, als es eben im Begriffe stand, das Geld aus dem Opferstock in seiner Tasche unterzubringen. Dieser edle Geist wird sein Amt schon längere Jahre ausgeübt haben, denn er wurde fast alle Sonntage zwischen 3 und 4 Uhr nachmittags in unserer Kirche bemerkt. Im Opferstock waren auffälligerweise öfter nur etliche Groschen enthalten.

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Robert Angerhofer, Hinterstoder

Elisabeth-Blatt: Heft März 1920
Im Elisabeth-Blatt erzählt eine Studentin, aus einer Studentengruppe,
von einem Besuch im Stodertal 1920. Der Artikel ist etwas gekürzt.
Das Tal der Steyr, Stodertal genannt, ist voll seltener Schönheiten. Überall rauschen Wildbäche von den felsigen Hängen, Alpenrosen und Latschen wachsen bis zum Fluss hinab, der schäumend über weiße Felsblöcke tost oder kristallklare Tümpel bildet. Wo eben der Steyrfall „Strumboding" in die Klamm donnert, weitet sich das Tal zum lieblichen Becken von Hinterstoder. Schmucke Häuser, Herrschaftsbesitze, ein Kirchlein unter Obstbäumen, saftiger Wiesengrund und darüber in herrlichem Kranz die Berge; blendend in der Mittagssonne, noch blendender durch die weißen Nebel, die sie noch verhüllen mit heiligen Schleiern. Nur die Spitzmauer, Österreichs Matterhorn und der hohe Kasten zeigen den ganzen stolzen Aufbau ihrer Felsgestalten. 
Nun begann unser mühsames Wandern von Gasthof zu Gasthof. Es gibt deren genug, aber überall ertönte dieselbe liebliche Melodie: „Mir ham gar nixi." Nobler und kühler klang sie in den ersten Häusern, wo feine Leute aus dem Osten die Speiseräume füllten. Dasselbe holde Antwortspiel, als wir nach einem Nachtquartier für die übernächste Nacht fragten. In ganz Hinterstoder für ehrliche Christenmenschen nichts anfzutreiben. Aber das Glück lächelte uns doch noch. In einem Gasthof erhielten wir nach abermaligem Drängen je eine Suppe, die wir im Freien in fröhlichster Stimmung verzehrten und zugleich in unsere dickgeschwollenen Rucksäcke Einkehr hielten. Bekanntlich kommen die guten Gedanken beim Essen, so auch diesmal. Ein Vorschlag ertönte: „Gehen wir in den Pfarrhof um Quartier betteln." Jubelnd stimmten alle bei. So klopften wir eine Viertelstunde später, aber doch ziemlich schüchtern, an das imponierende Pfarrhoftor. Nach einiger Zeit erschien durch den Garten eine hohe, schlanke Priestergestalt, sehr jung, sehr freundlich. Unser Mut wuchs, besonders, da keine gestrenge Pfarrersköchin sich blicken ließ. 
Aber bald hätten wir zu früh gejubelt. Die Auskunft auf unsere Bitte, die heldenhaft unser Herr vortrug, war diese: „Der Pfarrer ist versetzt und mit Sack und Pack abgereist, der Provisor (der vor uns stand) hat zwei Zimmer eingerichtet und ist Hausherr, Köchin, Gärtner, alles in einer Person. „Es haben wohl kürzlich Wiener Touristen bei mir geschlafen", meinte er zögernd, „aber ihr Lager kann ich Ihnen doch nicht gut anbieten — sie lagen in einer leeren Stube auf dem Boden, auf Heu." „Aber warum nicht?" ein Hauptspaß!" „Bitte dürfen wir Samstag abends kommen?“ „Ja, wenn ihnen das genügt. Heu steht nach Belieben zur Verfügung.“

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