Mittwoch, 6. Juni 2012

Wie kommt der Most vom Fass ins Glas?


Eine wahre Begebenheit erzählt vom ehemaligen Wirt des Priel-Schutzhauses, Gerwin Eder

Es muss so in den 50iger-Jahren des vergangenen Jahrhunderts gewesen sein, als im Priel-Schutzhaus ein lieber, hilfsbereiter und kräftig zupackender Bursch als Aushilfe seinen Dienst versah. Die Bergsteiger und Wanderer mochten ihn gerne, denn er war zuverlässig, freundlich und half wo er nur konnte.
Eines Tages kamen einige Jäger von der Gämsenjagd verschwitzt und riesig durstig in das Schutzhaus und bestellten gleich als erstes für jeden eine halbe Most, um das dringendste Bedürfnis zu stillen. Der Wirt schickt seine Aushilfe in den Keller und da das neue Mostfass noch nicht angeschlagen war, gab er ihm zum Abfüllen einen Schlauch mit, in der Meinung, der Bursch wüsste damit umzugehen. Der aber stand mit dem Schlauch und den Gläsern ratlos vor dem Mostfass. Er wusste wohl, dass man mit dem Schlauch den Most in das Glas rinnen lassen konnte, aber er wusste nicht wie das geht. Zunächst zog er kräftig an bis der Most seinen Mund füllte und hielt dann den Schlauch in das Glas. Aber plötzlich war der Most wieder weg. Immer wieder musste er den Most hinunterschlucken, denn der Most wollte nicht in das Glas rinnen. Dass der Most nur dann rinnt, wenn das Schlauchende unterhalb des Mostspiegels im Fass ist, wusste er nicht.
Immer wieder hörte er zornige Rufe in den Keller, wann denn endlich der Most gebracht würde. In seiner Verzweiflung füllte er seinen Mund und ließ Schluck um Schluck den Most in die Gläser zurück laufen. Das war eine harte Arbeit, bis er alle voll hatte. Als er den Most servierte, tranken die Jäger mit einem Zug die Gläser leer und bestellten gleich eine neue Füllung.
Vor Schreck und ganz verzweifelt, erzählte der Mundschenk, wie er die Gläser gefüllt hatte und bat inständig den Wirt um Hilfe bei der neuen Befüllung. Aber überraschender Weise, ganz plötzlich, wollte niemand mehr Most trinken.
Einige Jäger wurden noch monatelang nachher bei diversen Gasthausbesuchen von Kollegen hämisch gefragt „hast du denn heute deinen Mundschenk gar nicht mit?“


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