Freitag, 16. August 2019

Geschichtlicher Beitrag zur Prielbesteigung



Der Lehrer und spätere Schuldirektor Josef Angerhofer unterrichtete in der Volksschule Hinterstoder von 1881 bis 1921. Eines seiner Hauptanliegen war die Förderung des Tourismus, oder wie man damals sagte, "Fremdenverkehrs". In der Linzer "Tages Post" vom 23. Juli 1896 berichtete er über das Bergsteigen und die Bergführer im Stodertal.
Damals gab es noch keine Bergsteigerausrüstungen so wie heute. Deshalb war es auch viel gefährlicher, ohne Bergführer, unsere Berge zu besteigen. Es war unbedingt ratsam einen bergerfahrenen Führer, der die oft kaum gekennzeichneten Steige kannte, zu engagieren.
Josef Angerhofer war einer der Ersten der die Schönheiten des Stodertals mit Fotos bekannt machte. Er gab Broschüren für Touristen heraus und schrieb Zeitungsartikel um Urlaubsgäste auf Ferien im Stodertal aufmerksam zu machen.

Dieser Artikel aus dem Jahr 1896 wurde etwas gekürzt und die Schreibweise unserer Zeit angeglichen. Er erzählt aber authentisch, wie damals vor mehr als 100 oder 200 Jahren, das Bergsteigen im Toten Gebirge war.   

Am Anfang des 20. Jahrhunderts informierte noch, über die Erstbesteigung des 
Großen Priels, eine Blechtafel am Prielkreuz. Leider verschwand diese Tafel später spurlos, weil sie wahrscheinlich ein Souvenirsammler mitgenommen hat.
Auf dieser Tafel stand:
„Am 29. August 1817 bestiegen diesen Berg Herr Sigmund Graf v. Engl,
die Oberjäger Hans und Anton Riedler und die Jäger Engelbert und Ferdinand Riedler." 
Adam Langeder war einer der ersten Bergführer in Hinterstoder. Er wurde 1772 geboren, war Schneider von Beruf, führte aber auch Touristen auf die Berge und reparierte Uhren und beschäftigte sich mit Buchbinderei. Später wurde er zum ersten Lehrer in Innerstoder (Hinterstoder) ernannt. Am 27. August 1819 führte er den Erzherzog Ludwig auf den Hochpriel (Großen Priel).
Der kaiserliche Prinz wohnte damals im Pfarrhof bei Pfarrer Josef Knoll.
Das von ihm bewohnte Zimmer heißt heute noch das „Prinzenzimmer".
Der Erzherzog wurde Langeders "Gönner". Er verhalf ihm von der provisorischen Stelle als Lehrer zur definitiven Lehrerstelle. Langeder soll auch eine Besteigung
des Brotfalls gemacht haben. Dort angelangt, rastete er und
wollte vom mitgenommenen Brot abschneiden. Dabei entglitt
ihm der Laib und fiel über die Felsen hinunter. Seither soll die
Bergspjtze Brotfall heißen. Eine andere Sage meldet abweichend.
Siehe die Broschüre: „Hinterstoder mit dem Stoderthale" von
A. N. Gerhofer (Angerhofer). Ob der Name Brotfall nicht etwa slawischer
Herkunft ist? In Krain ist ein Berg namens „Brodvalu“ das heißt „Brod-
Furt-Durchgang“ - vielleicht Tal? Das also, was wir
heute Klinserscharte, zwischen Spitzmauer und Brotfall, nennen,
mag “Brodvalu“ geheißen haben, das ist das Durchgangstal ins
„Tote Gebirge“. Es scheint, dass der Name vom Tal zum Berg
gestiegen ist. Den slawischen Namen haben vielleicht die Deutsch sprechenden Bewohner angepasst.
1822 ging der heute (dieser Artikel stammt von 1896) noch lebende Peter Hackl, vulgo „Moosbauer", pensionierter herzoglich württembergscher Jäger,
geboren 1805, mit einer militärischen Triangulierungs-Abteilung als Führer und 
Träger der „Tafel", wahrscheinlich des Nivelliertisches. „Moosbauer"
war damals am Karlspitz, am Kleinen Priel, am Hochpriel, im Hoch- ­
kastengebiete und am Sneslitz in der Nähe des Türkenhages.
Peter Hackl war damals im Soldatenstand behalten ­
worden. Am Karlspitze (1874 Meter) sollte er mit einspitzigen
Steigeisen eine Lärche ersteigen und ein Signal anbringen.­
Harte Rinde, Holz und brüchige Äste fürchtend,
weigerte er sich, indem er sprach: „I bleib mein Kaiser treu.
Mei Leben ghört dem Kaiser. Da Kaiser will nit
babn, das i da aufisteig und aberfall und todt bin.
I steig nit aufi." Am 24. Juni 1822 war er mit den
Militärs am Hochpriel; es ging auch der kaiserliche Förster Ignaz Leitner
von Stoder mit. Moosbauer durfte damals mehrmals durchs Fernrohr „Spectiv"
schauen; dessen erinnerte sich der 91jährige Mann heute noch mit 
sichtlichem Vergnügen. Vom Priel stieg man in die Weitgrube ab
und durch das Prentnertal zum Dietl (Dietlgut). Der Abstieg durch das
Prentnertal ist ziemlich steil; auch ein jähes Schneefeld —
„Bloakä" — war zu überschreiten. Förster Leitner fuhr zuerst
stehend ab, dann Peter Hackl mit der „vaflixten Tafel“. Beide stellten sich dann unten auf.
Die Militärs wollten auch abfahren, doch alle warf es „und wir habens bei de Haxn aufgfangt", erzählt Peter Hackl mit Schmunzeln. — Am Sneslitz gab es neuerdings einen stürmischen Auftritt mit Peter Hackl wegen der „verdammten Tafel“.
In den 1820 Jahren ging häufig Johann Schmieding, Wagner aus Innerstoder,
als Bergführer. Um die gleiche Zeit, begann auch Mathias Hotz, vulgo „Haarschlager",
von der Polsterlucke als sehr eifriger und gut Weg wissender Bergführer
zu führen. Er besaß die Hütte am Wasserfall nahe am Sandweg, der zur
Polsterlucke führt. Er beschäftigte sich nebenbei auch mit Wildern und
Schnitzerei von Quirlen, Kochlöffeln, Buttermodeln, Holzschüsseln und Sieben.
Diese Arbeiten betrieb er mit großer Geschicklichkeit. Alle noch
erhaltenen derartigen Erzeugnisse aus seiner Hand zeigen eine
saubere, gefällige und sorgfältige Arbeit.
In den 1830er Jahren fing auch Johann Georg Prieler,
vulgo „Zainthüttler" an, als Wegweiser bei Bergfahrten zu
dienen. Er war der Vater des noch lebenden, bestbekannten
Seniors der Bergführer Eustach Prieler. Josef Langeder,
Schneidermeister und Geschwisterkind zum gleichzeitig als Lehrer
in Jnnerstoder dienenden Josef Langeder, gab sich von den
1840er Jahren an mit Bergführerei ab.1845 folgte Franz Forsthuber,vulgo „Oberklammer“, nachmaliger herzoglich württembergischer Jäger, gestorben 1896. Außer den Genannten durften 1850 auch, zu Zeiten des k. k. Försters 
I. Radler in Jnnerstoder, die Forst- und Jagdgehilfen Peter und Oswald Hackl
mit Erlaubnis des Försters Bergführerdienste leisten. Prielbesteiger suchten beim
Herrn Förster um Überlassung eines „Gehilfen" als Führer an.
Dieser sagte stets zu, sobald einer anwesend war, denn der Lohn
der Gehilfen war sehr klein, 60 fl.(Gulden) fürs Jahr „in guatn (gutem)
Geld", wie Moosbauer sich ausdrückte. Die Gehilfen, welche
als Prielführer gingen, erhielten keine festgesetzte Gebühr,
sondern nur ein „Trinkgeld", 2 bis 3 fl. Haarschlager, Zainthüttler und
Schneider Langeder gingen ziemlich in den selben Jahren als Führer.
Im Jahre 1860 wurden Mathias Hotz, „Haarschlager",
und Franz Forsthuber, „Oberklammer", von der Behörde aus
mit Führerbüchern versehen. Anfänglich waren die bisher unter
keinerlei behördlicher Kontrolle stehenden Führer etwas miß-
trauisch. Man fürchtete Einengung und Steuern. Der in
Touristenkreisen ziemlich weitbekannte k. k. Förster Josef Vogl
vom Schmalzergasthaus zu Jnnerstoder, der die lustigen „Jaga-
g'schichtln“, natürlich alle wahr(?), zu Dutzenden nur so aus dem
Ärmel zu schütteln wusste, gab sich Mühe, den „Haarschlager"
zu bewegen, ein „Büachl" zu nehmen.
Haarschlager und Forsthuber wurden in das damalige
k. k. Bezirksamt Windischgarsten gerufen. Dort mussten sie alle
ihnen vom Begehen her bekannten Wege und Steige anführen, die
Weglänge nach dem Zivilverbrauche, also in Stunden, und den
bisher von ihnen verlangten Führerlohn, angeben. Auf Grund
dieser Angaben wurden dann beiden Genannten 1860 die Führer- ­
bücher in deutscher und französischer Textierung ausgestellt. Der
jetzige Führersenior Eustach Prieler erhielt 1863 ein solches
Führerbuch, ging aber schon längere Zeit früher als Bergführer.
Im selben Jahre erwarb auch Franz Kniewasser, der die
Haarschlager-Hütte käuflich an sich gebracht hatte und heute noch
deren Besitzer ist, ein Führerbuch. Ignaz Stallinger erhielt es
1870, Georg Auer 1886. Georg Auer ist der einzige Bergführer
Stoders, der an einem Bergführer-Instruktionskurs teilgenommen hat
und zwar 1895 in Graz. Auch von Vorderstoder
aus gingen Führer auf den Hochpriel. So, ohne Buch 1850
bis 1860 Karl Zach, Tischler, Johann Georg Dietl,
„Pischuster" 1880, Johann Dietl, Mesner, 1883 mit Buch,
Josef Riedler, „Stockermüller", 1870 ohne, seit 1883 mit Buch.
Letzterer ist gegenwärtig der einzige Bergführer in Vorderstoder.
Johann Georg Prieler, Josef Langeder und der „alte Haar- ­
schlager" gingen anfänglich nie von der Prielspitze aus weg
über das „Tote Gebirge“, damals auch oft „Freigebirg" für „Frei- ­
schützen" (!) genannt. Man ging vielmehr durch die Dietlhöhle,
über die Büheln, die Goierleiten, das Ofenloch, zur Halterhütte
nach Vordernbach und zum Grundlsee. Der jetzt eingeschlagene Weg
wurde erst durch die Ausseer Jäger in den Dreißigerjahren näher
bekannt und begangen.
Erzherzog Rainer bestieg am 3. September 1859 unter
Führung des „alten Haarschlager" den Hochpriel. Der erwähnte
k. k. Förster Josef Vogl schnitt in den vom Erzherzog benützten
Bergstock das Datum der Besteigung ein und bewahrte ihn zur
Erinnerung auf. Später schenkte er den Bergstock dem jetzt
herzoglich württembergischen Jäger Josef Aracher in der Polsterlucke.
Der hochsinnige Fürst Starhemberg pflanzte im Jahr 1870 am Prielgipfel
als Siegeszeichen das Gipfelkreuz auf. "Ein geheimer Zug
erfasst den Prielfahrer zum Gipfel, zum Kreuz zu gelangen, der
Allmacht Werk und des Menschen Schöpfung anzustaunen."
„Vater Krahl" lenkte durch verschiedene Aufsätze in alpinen-
Schriften die Aufmerksamkeit auf das Gebiet Stoder, Priel,
Totes Gebirge. Die Prielschutzhöhle unterhalb der Brotfallscharte
erwies sich als für die Dauer als nicht brauchbar. Sie wurde ,
die Vorläuferin des Karl Krahl-Schutzhauses, eröffnet 1884, erbaut
von der rührigen Sektion Windischgarsten des Österreichischen 
Touristenclubs von dem italienischen Baumeister Raspamonte.
Die Bergführer erhielten äußerlich tragbare Abzeichen ihres Berufes,
und zwar zuerst vom Deutschen und dann vom Österreichischen Alpen-
verein 1876 das Abzeichen mit dem Edelweiß, 1892 das Zeichen
des Österreichischen Touristenclubs: „Mit Herz und Hand fürs
Alpenland". Die Broschüre „Führer von Windischgarsten und Umgebung",
von der Sektion Windischgarsten des Österreichischen Touristenclubs
herausgegeben, gedachte des Stodergebietes. Angerhofer
veröffentlichte eine Monographie von Stoder und
seinen Bergen, gegenwärtig fast vergriffen, und Herr G.J.Schachinger
trug Berg,Tal und Leute von Stoder in wunderbaren Bildern in die Welt hinaus.
Die Postverbindung wurde bedeutend verbessert, die löbliche Gemeindevertretung 
brachte Opfer zur Herstellung eines Telegraphen und arbeitet anerkennenswert
und angestrengt an der verbessernden Umlegung der Straße durch den Struben,(Stomboding) dem Orte Hinterstoder zur Wohlfahrt. 


Prielkreuz Gemälde von E.T. Compton


 Georg Auer Bergführer mit Abzeichen
Bergführer Georg Auer 1912 mit Angabe seiner Bergbesteigungen

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