Freitag, 24. Juli 2020

Nagelschmiedbub wird Waffenfabriksdirektor

Die "Oberdonau Zeitung" vom  31. Oktober 1944 berichtet von Josef Schönauer,
der in der Waffenfabriksgesellschaft Steyr bahnbrechende Erfindungen gemacht hat. Sein Jagdgewehr "Mannlicher-Schönauer" ist auch heute noch sehr begehrt.



Diese Darstellung soll einem Mitarbeiter Werndls, (dem Gründer der  Waffenfabriksgesellschaft Steyr) gewidmet sein, der ebenfalls sein Leben in den Dienst der damals in Österreich in Blüte stehenden Waffenerzeugung gestellt hat. Im Lauf der Jahre ist Otto Schönauer zu einem der unentbehrlichen Mitarbeiter des Waffenkönigs Josef Werndl aus Steyr geworden. Nach dem Tod Werndls übernahm Ferdinand von Mannlicher die Geschäftsleitung, ehe daraus die Österreichische Waffenfabriksgesellschaft wurde. Erzeugt wurden neben Waffen auch Flugzeugmotore und Fahrräder.

Otto Schönauer stammte aus dem oberösterreichischen Ennstal. Er wurde am 27. Oktober 1844, in Reichraming als Sohn eines Nagelschmiedes geboren. Seine Liebe zum eisenverarbeitenden Gewerbe hat er gleichsam in die Wiege mitbekommen. Damals klopften im Ennstal, an der alten Eisenstraße, noch die Eisenhämmer und glühten die Essen. Nach der Lehre ging jeder Handwerksbursche auf die Wanderschaft,... „auf die Walz", wie es hieß, um Erfahrungen zu sammeln, auch Otto Schönauer. Er kam dabei in die Schweiz und arbeitete hier in verschiedenen Werkstätten als Mechaniker, so auch in der damals sehr bekannten Waffenfabrik Vetterli in Neuhaus bei Schaffhausen. Die Militärdienstzeit, die er in Josefstadt in Böhmen bei der Genietruppe (technische Truppe) ableistete, machte dieser Wanderschaft ein Ende.
In Josefstadt lernte Josef Werndl den begabten Nagelschmiedsohn aus dem Ennstal kennen, und es ist für Werndls Fähigkeit, Menschen an sich zu binden, die sein Vertrauen rechtfertigen würden, recht bezeichnend, dass er den jungen Mann für seine Fabrik zu gewinnen suchte. Am 23. April 1868 trat Otto Schönauer auch wirklich in die Werndlsche Fabrik in Steyr ein. Ausgezeichnet durch Fleiß und Pflichtbewußtsein wird er bald Werkmeister, Oberwerkführer, Betriebsinspektor und 1896, sieben Jahre nach dem Tod von Josef Werndl, technischer Direktor der inzwischen zur Österreichischen Waffenfabriksgesellschaft gewordenen Firma. Seinem Können hatte die Waffenfabriksgesellschaft manche Verbesserungen an ihren Schusswaffen zu danken. Erinnert sei die Ausgestaltung des Mannlicher-Gewehres zum System Schönauer im Jahr 1890 und der Scheibenstutzen nach dem System Schönauer, der in Schützenkreisen des In- und Auslandes besonderen Anklang gefunden hat. 1911 konstruierte Schönauer die österreichische Armeepistole. Er hat auch an der Verbesserung des Maschinengewehres, System Schwarz-Lose, mitgewirkt. Man hat ihn oftmals als technischen Beirat ins Ausland zu Schießversuchen geholt und bei nicht wenigen hat er dabei große Geschäftsabschlüsse für seine Gesellschaft bewirkt. Seinem Charakter entsprechend haben alle diese Erfolge sein Wesen nicht verändert, auch die hohen Auszeichnungen durch den Kaiser und die ausländischen Regierungen haben ihn bescheiden wie immer bleiben lassen.
Otto Schönauer war auch Gründer der Freiwilligen Waffenfabriksfeuerwehr Steyr und seit 1879 ihr Oberkommandant. Er hat auch die Wasserwehr ins Leben gerufen, und bei den Hochwassergefahren der Jahre 1897 und 1899 in die Steyr tatkräftig eingegriffen und so manches Leben gerettet. Als Gemeinderat der alten Eisenstadt 1896 bis 1912 hat er seine Persönlichkeit auf das Stärkste eingesetzt und dafür hat ihn die Stadt zum Ehrenbürger ernannt.

Josef Werndls Tod 1889 tritt in unsere Erinnerung ein, wenn wir an das Sterben Schönauers denken. Beim Löschen eines großen Brandes in der Steyrer Waffenfabrik überanstrengte Schönauer sich und der stets an seine Pflicht hingegebene Mann, und das Leiden, das ihn befiel, raffte ihn am 17. September 1913 hinweg. Mit Josef Werndl aber ist es so gewesen: im Kampfe gegen den hochgehenden Steyrfluß, der die Fabrikobjekte bedrohte, zog er sich eine Lungenentzündung zu die nach drei Tagen, am 29. April 1889 den Tod herbeiführte.
Was uns Schönauer vorbildlich macht, ist neben seiner überragenden Arbeitsleistung sein selbstloses Einstehen für die Gemeinschaft und sein hohes soziales Gefühl.                                                            
                                                                                      Carl Hans Watzinger

Josef Werndl (geb.1831, gest.1889)

Josef Schönauer


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