Nun ist man ja bei Forstleuten eine gewisse Dosis Jägerlatein gewohnt, aber er trieb es doch ein bisschen zu kräftig und außerdem litt er an riesiger Zerstreutheit, so dass er von seinen Jagdphantasien schon am nächsten Tag nichts mehr wusste und die Geschichte wieder ganz anders erzählte, aber jedenfalls immer Stein und Bein darauf schwor, dass seine letzte Erzählung die allein richtige sei. Und bei dieser Gelegenheit konnte der alte, sonst sehr liebenswürdige Herr sogar unangenehm werden.
Eines Abends hatte der Herr Oberförster wieder eine Geschichte seines Wunderdackels „Schlupferl“ ganz anders erzählt als am Tag vorher und seine Stammtischfreunde, denen die Sache nun doch zu bunt wurde, berieten, als der Oberförster fortgegangen war, wie sie ihm seine „Münchhausiaden“ abgewöhnen könnten. Vieles wurde beraten und wieder verworfen, bis endlich der Herr Oberlehrer das Wort ergriff:
„Meine Herren, meiner Meinung nach ist unser Freund nur dann von seinen
Lügenmärchen abzubringen, wenn wir ihm seine Ungereimtheiten genau beweisen können. Ich habe eine Idee: Morgen bringe ich mein Magnetophon mit. Wir veranlassen ihn, wieder eine seiner Erzählungen zum besten zu geben und der Apparat wird sie aufnehmen. Wenn dann einmal unser Oberförster wieder die Geschichte anders erzählen will, so können wir ihm dann durch das Magnetophon beweisen, welche Sprünge sein Gedächtnis macht.
Die Idee wurde als glänzend befunden und als sich die ganze Gesellschaft am nächsten Abend wieder zusammenfand, stellte der Oberlehrer sein Magnetophon mit dem Mikrophon versteckt auf. Der Oberförster, der bald darauf erschienen war, ging auch leicht in die Falle und begann, während der Oberlehrer unbemerkt den Apparat in Tätigkeit setzte: „Ja, ja, meine Herren, die Dackeln haben eine Intelligenz und Beobachtungsgabe, dass man oft nicht genug staunen kann. Ein Beweis dafür ist hier mein „Schlupferl“. Wie Sie wissen, bin ich schon seit Jahren stark verheiratet. Meine Alte und ich vertragen uns im allgemeinen recht gut, aber wie schon die Weiber sind, sieht sie es nicht gerne, wenn ich länger als bis höchstens elf Uhr von zu Hause fortbleibe. Man kann aber oft nicht so leicht eine fröhliche Gesellschaft verlassen und so passiert mir hin und wieder das Malheur, dass ich mich etwas verspäte. Meine Frau steht nun nicht auf, aber da ich im Schlaf die üble Gewohnheit habe, zu schnarchen, so horcht sie, wenn sie glaubt, dass ich mich wieder verspätet habe, nach elf Uhr in das Nebenzimmer, wo ich schlafe, ob sie mein Schnarchen hört. Hört sie nichts, na, dann gibt es am nächsten Tag einen häuslichen Krieg.
So ging es lange Zeit her und ich konnte nichts dagegen machen. Mein „Schlupferl“ hat mich oft recht mitleidig angeschaut und hat sich wohl gedacht, ob er mir nicht helfen könnte. Eines Tages hatte ich mich nun wieder etwas verspätet und kam erst nach 2 Uhr nach Hause. Ich schlich mich leise, um meine Frau nicht zu wecken in mein Schlafzimmer, wo „Schlupferl“ bereits — der war mir wieder einmal aus dem Gasthaus davongelaufen — in meinem Bett lag. Am nächsten Tag machte ich mich auf einen ordentlichen Kampf mit meiner Frau gefasst, aber — nichts dergleichen geschah, meine Mizzerl blieb so gut, als ob ich der pünktlichste Mensch der Welt wäre. So ging es mir nun einige Male nach einander. Ich war erstaunt und nahm mir vor, der Sache auf den Grund zu kommen. Auf der Spur glaubte ich ihr ja schon zu sein. Ich wartete daher einmal, bis mein „Schlupferl“ — wie er es jetzt gewöhnlich tat -, aus dem Gasthaus verschwunden war und was sah ich meine Herren? — „Schlupferl“ war auf dem kürzesten Weg nach Hause gegangen, hatte sich in mein Zimmer geschlichen und lag in meinem Bett und — schnarchte. Meine Frau glaubte wirklich, dass ich schon längst zu Hause war. Ja, so brav ist mein „Schlupferl“. Kellnerin, bringen sie meinem Dackel eine Wurst! Alles lachte und man blieb in fröhlichster Stimmung noch lange beisammen.
Am nächsten Tag sandte der Lehrer die Aufnahme in die Stadt und ließ eine Schallplatte davon herstellen. Als die Stammtischrunde dann eines Abends wieder zusammen saß und der Förster sich anschickte, seinem „Schlupferl“ nach Hause zu folgen, hielt ihn der Lehrer zurück: „Geh’n s’, Herr Oberförster, bleiben S’ noch ein bisserl da! Geht nicht, lieber Freund, meine Frau möchte nicht schlecht brummen. „Ach was! Da lassen Sie einfach ihren „Schlupferl“ allein nach Hause gehen, der schnarcht ihrer Frau Gemahlin wieder etwas vor. „Was soll ich machen?“ fragte der Oberförster, der die ganze Geschichte natürlich schon längst wieder vergessen hatte, erstaunt. Da erinnerte ihn der Lehrer an die schöne Geschichte, die er erst kürzlich erzählt hatte. „Blödsinn, fällt dem Rabenvieh ja gar nicht ein“ brummte der Förster. „Wie kann ich denn solchen Unsinn erzählt haben?“ „Warten Sie, Herr Oberförster, einen Augenblick.“ Der Lehrer schaltete sein Magnetophon ein und deutlich erklang es: „Ja, ja meine Herren, die Dackeln haben eine Intelligenz und Beobachtungsgabe, dass man oft nicht genug staunen kann. Ein Beweis dafür ist hier mein „Schlupferl“ — und so weiter. Der Oberförster horchte staunend zu bis zu Ende. „Ach, das hab ich ja gar nicht gesagt, das hat wer anderer hinein gesprochen, der meine Stimme nachgemacht hat. Und alle Gegenbeteuerungen des Lehrers nützen nichts.
Zwei Tage später erhielt aber der Oberförster von der Schallplattenfirma einige hundert Schilling und folgenden Brief: „Sehr geehrter Herr! Besten Dank für Ihr eingesendetes Tonband »Jägerlatein«. Wir erlauben uns, Ihnen anbei das Honorar zu übersenden und bitten gleichzeitig, uns weitere solcher Aufnahmen senden zu wollen“. Der Förster wusste nicht, sollte er sich ärgern oder lachen. Da die Sache aber durch den Postmeister jedenfalls schon bekannt geworden war und außerdem noch Geld getragen hatte, so machte er gute Miene zum bösen Spiel und das Honorar wurde von der Stammtischgesellschaft gemeinschaftlich konsumiert, auch „Schlupferl“, der Held der Geschichte, erhielt einige Würste. Der Herr Oberförster war aber in Zukunft bei seinem „Jägerlatein“ doch etwas vorsichtiger und ließ jedenfalls seinen Hund nicht mehr schnarchen.
So ging es lange Zeit her und ich konnte nichts dagegen machen. Mein „Schlupferl“ hat mich oft recht mitleidig angeschaut und hat sich wohl gedacht, ob er mir nicht helfen könnte. Eines Tages hatte ich mich nun wieder etwas verspätet und kam erst nach 2 Uhr nach Hause. Ich schlich mich leise, um meine Frau nicht zu wecken in mein Schlafzimmer, wo „Schlupferl“ bereits — der war mir wieder einmal aus dem Gasthaus davongelaufen — in meinem Bett lag. Am nächsten Tag machte ich mich auf einen ordentlichen Kampf mit meiner Frau gefasst, aber — nichts dergleichen geschah, meine Mizzerl blieb so gut, als ob ich der pünktlichste Mensch der Welt wäre. So ging es mir nun einige Male nach einander. Ich war erstaunt und nahm mir vor, der Sache auf den Grund zu kommen. Auf der Spur glaubte ich ihr ja schon zu sein. Ich wartete daher einmal, bis mein „Schlupferl“ — wie er es jetzt gewöhnlich tat -, aus dem Gasthaus verschwunden war und was sah ich meine Herren? — „Schlupferl“ war auf dem kürzesten Weg nach Hause gegangen, hatte sich in mein Zimmer geschlichen und lag in meinem Bett und — schnarchte. Meine Frau glaubte wirklich, dass ich schon längst zu Hause war. Ja, so brav ist mein „Schlupferl“. Kellnerin, bringen sie meinem Dackel eine Wurst! Alles lachte und man blieb in fröhlichster Stimmung noch lange beisammen.
Am nächsten Tag sandte der Lehrer die Aufnahme in die Stadt und ließ eine Schallplatte davon herstellen. Als die Stammtischrunde dann eines Abends wieder zusammen saß und der Förster sich anschickte, seinem „Schlupferl“ nach Hause zu folgen, hielt ihn der Lehrer zurück: „Geh’n s’, Herr Oberförster, bleiben S’ noch ein bisserl da! Geht nicht, lieber Freund, meine Frau möchte nicht schlecht brummen. „Ach was! Da lassen Sie einfach ihren „Schlupferl“ allein nach Hause gehen, der schnarcht ihrer Frau Gemahlin wieder etwas vor. „Was soll ich machen?“ fragte der Oberförster, der die ganze Geschichte natürlich schon längst wieder vergessen hatte, erstaunt. Da erinnerte ihn der Lehrer an die schöne Geschichte, die er erst kürzlich erzählt hatte. „Blödsinn, fällt dem Rabenvieh ja gar nicht ein“ brummte der Förster. „Wie kann ich denn solchen Unsinn erzählt haben?“ „Warten Sie, Herr Oberförster, einen Augenblick.“ Der Lehrer schaltete sein Magnetophon ein und deutlich erklang es: „Ja, ja meine Herren, die Dackeln haben eine Intelligenz und Beobachtungsgabe, dass man oft nicht genug staunen kann. Ein Beweis dafür ist hier mein „Schlupferl“ — und so weiter. Der Oberförster horchte staunend zu bis zu Ende. „Ach, das hab ich ja gar nicht gesagt, das hat wer anderer hinein gesprochen, der meine Stimme nachgemacht hat. Und alle Gegenbeteuerungen des Lehrers nützen nichts.
Zwei Tage später erhielt aber der Oberförster von der Schallplattenfirma einige hundert Schilling und folgenden Brief: „Sehr geehrter Herr! Besten Dank für Ihr eingesendetes Tonband »Jägerlatein«. Wir erlauben uns, Ihnen anbei das Honorar zu übersenden und bitten gleichzeitig, uns weitere solcher Aufnahmen senden zu wollen“. Der Förster wusste nicht, sollte er sich ärgern oder lachen. Da die Sache aber durch den Postmeister jedenfalls schon bekannt geworden war und außerdem noch Geld getragen hatte, so machte er gute Miene zum bösen Spiel und das Honorar wurde von der Stammtischgesellschaft gemeinschaftlich konsumiert, auch „Schlupferl“, der Held der Geschichte, erhielt einige Würste. Der Herr Oberförster war aber in Zukunft bei seinem „Jägerlatein“ doch etwas vorsichtiger und ließ jedenfalls seinen Hund nicht mehr schnarchen.
Fritz Fridrich, Neuigkeits Weltblatt 4.1.1930
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