Erinnerungen einer Volksschülerin aus den 1930er Jahren
"Als ich in die Volksschule Hinterstoder ging, das war
in den 1930er Jahren, gab es außer Seife für uns keine Hygieneartikel.
Unsere ständigen Begleiter waren die Kopfläuse. Meine
Nachbarin hatte dicke, flachsblonde
Zöpfe, die bis zur Taille reichten. Eines Tages haben wir etwas geschrieben und
es war mucksmäuschenstill in der Klasse. Plötzlich flog etwas auf das Heft
meiner Nachbarin. Auf das Papier klatschte eine dicke, fette Laus. Die langen
Zöpfe, die uns Mädchen bis zum Popo hingen waren für Läuse ein ideales Quartier.
Damals gab es für Mädchen noch keine kurzen Haare. Die Bubikopffrisur kam erst
in den 1950er Jahren zu uns.
Vor mir saß die Gusti, bei der auch die Läuse auf und ab krabbelten. Das schreckte mich sehr, weil ich auch fürchtete Läuse zu bekommen.
Ich war in der Schule sehr gut und deshalb war ich für die
Buben bei den Lehrern ein "Gutsteherl" (Liebling des Lehrers). Ich bin von den Lehrern oft
gelobt worden.
Aber das zahlten mir die Buben heim. In der Pause sagte
einer zu mir:" Du bei dir steigt eine Laus". Ich schämte mich zu Tode
und versprach ihm, wenn er mich nicht "verschiergerlt" (verrät) mein
Messer zu schenken. Das Messer war etwas Besonderes. Der Griff war aus einer Rehpfote
gemacht.
Nach ungefähr einer Woche fiel meiner Mutter auf, dass ich
mich dauernd am Kopf kratzte. Beim Kopf waschen sah sie, dass ich vollkommen
verlaust war. Am Abend kämmte sie mit einem Staubkamm meine Haare über einem
weißen Handtuch aus. Da sah man erst wie es vor lauter Läusen wimmelte. Nach
der Schule setzte sich Großmutter auf einen Schemel (Sessel ohne Lehne) vor das
Haus und ich legte meinen Kopf auf ihre Knie. Dann zerdrückte sie Laus um Laus, jede die
sie erwischte mit ihren Fingernägeln. Wenn ich daran denke höre ich heute noch
das Knacken. Zuerst wurden meine Haare mit Essig eingerieben und weil das nicht
viel nützte nahm Großmutter dann auch noch Petroleum zur Behandlung. Am
nächsten Tag mußte ich mit einem Turban in die Schule gehen, weil das Petroleum
24 Stunden am Kopf einwirken musste. Meine Mutter untersuchte darauf täglich
meine Haare. Gott sei Dank bin ich die "Laustragödie" wieder los geworden"
Behandlung gegen Läuse im Mittelalter |
Kopflaus Wikipedia Foto: Gilles San Martin |
Läusekamm |
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