Freitag, 10. März 2017

Laus um Laus

Erinnerungen einer Volksschülerin aus den 1930er Jahren

"Als ich in die Volksschule Hinterstoder ging, das war in den 1930er Jahren, gab es außer Seife für uns keine Hygieneartikel.
Unsere ständigen Begleiter waren die Kopfläuse. Meine Nachbarin hatte dicke, flachsblonde Zöpfe, die bis zur Taille reichten. Eines Tages haben wir etwas geschrieben und es war mucksmäuschenstill in der Klasse. Plötzlich flog etwas auf das Heft meiner Nachbarin. Auf das Papier klatschte eine dicke, fette Laus. Die langen Zöpfe, die uns Mädchen bis zum Popo hingen waren für Läuse ein ideales Quartier. Damals gab es für Mädchen noch keine kurzen Haare. Die Bubikopffrisur kam erst in den 1950er Jahren zu uns.
Vor mir saß die Gusti, bei der auch die Läuse auf und ab krabbelten. Das schreckte mich sehr, weil ich auch fürchtete Läuse zu bekommen.
Ich war in der Schule sehr gut und deshalb war ich für die Buben bei den Lehrern ein "Gutsteherl" (Liebling des Lehrers). Ich bin von den Lehrern oft gelobt worden.
Aber das zahlten mir die Buben heim. In der Pause sagte einer zu mir:" Du bei dir steigt eine Laus". Ich schämte mich zu Tode und versprach ihm, wenn er mich nicht "verschiergerlt" (verrät) mein Messer zu schenken. Das Messer war etwas Besonderes. Der Griff war aus einer Rehpfote gemacht.

Nach ungefähr einer Woche fiel meiner Mutter auf, dass ich mich dauernd am Kopf kratzte. Beim Kopf waschen sah sie, dass ich vollkommen verlaust war. Am Abend kämmte sie mit einem Staubkamm meine Haare über einem weißen Handtuch aus. Da sah man erst wie es vor lauter Läusen wimmelte. Nach der Schule setzte sich Großmutter auf einen Schemel (Sessel ohne Lehne) vor das Haus und ich legte meinen Kopf auf ihre Knie. Dann zerdrückte sie Laus um Laus, jede die sie erwischte mit ihren Fingernägeln. Wenn ich daran denke höre ich heute noch das Knacken. Zuerst wurden meine Haare mit Essig eingerieben und weil das nicht viel nützte nahm Großmutter dann auch noch Petroleum zur Behandlung. Am nächsten Tag mußte ich mit einem Turban in die Schule gehen, weil das Petroleum 24 Stunden am Kopf einwirken musste. Meine Mutter untersuchte darauf täglich meine Haare. Gott sei Dank bin ich die "Laustragödie" wieder los geworden"

Behandlung gegen Läuse im Mittelalter

Kopflaus Wikipedia Foto: Gilles San Martin

Läusekamm
.    

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen