Die Oberdonau-Zeitung berichtete am 15.2.1944 über Anekdoten, die Einblick in das Leben des berühmten Komponisten Johannes Brahms (geb.1833, gest.1897) geben. Brahms verbrachte gerne seinen Urlaub in Mürzzuschlag. Dort gibt es auch ein Brahms-Museum. Der Artikel wurde etwas gekürzt und unserer Zeit angepasst.
Brahms spie!t zum Tanz auf.
Johannes Brahms, der berühmte Komponist, war ein etwas galliger Herr und wer ihn zum ersten Mal sah, erkannte in dem verdrießlichen Mann viel eher den Komponisten des „Requiem“ als der „Ungarischen Tänze“.
Es war im Jahre 1871, als Brahms in Wien mit einigen Freunden eine kleine Gaststätte aufsuchen wollte, in der stets ein Tisch für seine Gesellschaft reserviert war.Eines Abends aber, als der Komponist in dem Restaurant erschien, fand er zu seiner unangenehmen Überraschung eine Anzahl lärmender Männer und Frauen vor — eine Volkssängerin, die damals sehr populär war, die Fiaker-Milli, gab ein Konzert. Brahms war wieder einmal in schlechtester Laune und schickte sich bereits an wieder zu gehen, als ihn der Besitzer bat, doch zu bleiben, denn die Sängerin hätte ausdrücklich „befohlen“, dass sein Tisch respektiert würde. Diese zarte Aufmerksamkeit schien Brahms sehr zu gefallen, er dankte, setzte sich und sah nun dem heiteren und ausgelassenen Treiben der Gäste mit leisem Schmunzeln zu. Nach dem Konzert sollte getanzt werden und alle warteten auf den Pianisten. Dieser erschien jedoch nicht, vielmehr brachte ein Bote die niederschmetternde Nachricht, dass der Klavierspieler erkrankt sei und nicht kommen könne. Da bemächtigte sich der Gäste, es waren Modistinnen, Wäschermädel, Fiakerkutscher und so weiter, tiefe Traurigkeit, denn ein Ersatzspieler war nicht aufzutreiben. Aber die Fiaker-Milli wusste Rat. Mit einem ganzen Schwarm hübscher Mädchen näherte sie sich Brahms, der zeitlebens nie geheiratet hat und bat ihn, doch wenigstens einmal, nur einen einzigen Walzer zu spielen. Ohne ein Wort zu sprechen erhob sich der Komponist, öffnete den Flügel und spielte einen Walzer seines Freundes Strauss.
Er spielte aber nicht nur einmal — er spielte drei Stunden lang, Walzer, Mazurkas, Polkas, fast ohne Pause, mit Schwung und Begeisterung. Kein Wunder, denn schon nach dem ersten Musikstück hatte er von der Fiaker-Milli drei feurige Küsse als süßen Lohn erhalten und nach jedem Tanz kam eines der Mädchen um den unermüdlichen Musiker in derselben Welse zu belohnen ... Als der Komponist des „Requiem" lange nach Mitternacht den Nachhausweg antrat, war von schlechter Laune nicht mehr die Rede, im Gegenteil, lustig pfeifend schritt ein glücklicher Mensch durch die zärtliche Wiener Sommernacht ...
Die Reliquien-Zigarette
Johannes Brahms war zeit seines Lebens ein leidenschaftlicher Zigarettenraucher. Und er hatte da seine „Verbindungen" — so etwas gab es nämlich damals auch schon, wenn auch nicht in dem Sinne, wie wir das Wort heutzutage anzuwenden pflegen.Er ließ sich eine Spezialmarke geradewegs aus Ägypten kommen und diesen Original-Ägyptischen gehörte seine ganze Raucherleidenschaft. Nun freilich ist der Weg aus Ägypten weit und wenn nun hie und da einmal der Nachschub nicht gleich zur Stelle war, wusste er auch die Erzeugnisse der damaligen österreichischen Tabak-Regie gebührend zu würdigen. Von diesen übrigens bevorzugte er nicht etwa irgendeine der teuren Sorten, nein, sondern hier war es die „Sport“ seligen Angedenkens, die es ihm besonders angetan hatte. Über allem andern aber standen die Original-Ägyptischen.
Als Brahms nun wieder einen Sommer lang in Bad Ischl verweilte, empfing er eines Tages den Besuch eines jungen Pianisten, der soeben die Musikhochschule mit Auszeichnung absolviert hatte und später als Liederkomponist Erfolge errang. Er ließ sich von ihm vorspielen und war von dem Können des jungen Mannes so entzückt, dass er den spontanen Entschluss fasste, dem angehenden Künstler eine besondere Freude zu bereiten. „Sind Sie Raucher?" fragte er. „Ja", kam es schüchtern und bescheiden zurück. Ja, dann nehmen Sie sich hier mal eine Zigarette heraus, so etwas Feines haben Sie gewiss noch nie genossen.” Und der Meister hielt dem jungen Manne die Schachtel mit den kostbaren Original-Ägyptischen hin. „Bin so frei . . .“ „Feuer haben wir auch hier . . .“, fuhr der Meister fort, dann aber stutzte er erstaunt, als er sah, wie der junge Mann seiner Rocktasche ein Blatt Papier entnahm, darin die Zigarette sorgfältig einwickelte und sich anschickte, das kleine Päckchen wieder in der Tasche verschwinden zu lassen. „Ach so, Sie wollen jetzt nicht rauchen?“ „Verzeihen Sie, Meister . , .“, stotterte der junge Mann, „ich möchte schon, aber . . . Aber diese Zigarette wird überhaupt nie geraucht werden. Die hebe ich mir auf als Reliquie ..." „Ach so! Sie wollen die Zigarette gar nicht rauchen?“ polterte daraufhin der Meister los. „Ja, warum sagen Sie das nicht gleich, Herr? Wenn das so ist, dann geben Sie sie gefälligst zurück. Wenn Sie bloß ein Erinnerungsstück wollen, tut’s eine „Sport“ auch ..."
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